Über dem Eingang prangt groß ein Banner, das die Wehmut der Kinder und Mitarbeitenden in kurzen Worten zusammenfasst: „Wolfgang, wir werden dich vermissen!” Viele Weggefährtinnen und -gefährten und Polit-Prominenz kamen am Donnerstagabend nach Irschenberg, um Wolfgang Hodbod, der seit 1991 das Kinderdorf leitete, gebührend und rührend in den wohlverdienten Ruhestand zu verabschieden.
Ilse Aigner, Präsidentin des Bayerischen Landtags und Vorsitzende des Fördervereins Caritas Kinderdorf Irschenberg e. V., lobte Hodbod als „Ermöglicher” und „Mann der Tat”, der hunderten Kindern Heimat und Wurzeln, aber auch Flügel für ihre Zukunft geschenkt habe. Getreu seinem Motto „Not sehen und handeln“ sei er stets ein zuverlässiger, warmherziger und lösungsorientierter Ansprechpartner gewesen, den Aigner „als meinungsstarken Vertreter der Interessen der Kinder und des Kinderdorfs kennen und schätzen gelernt hat”. Mit viel Herzblut und Engagement habe er maßgeblich zur Weiterentwicklung des Kinderdorfs beigetragen.
Caritas-Vorständin Gabriele Stark-Angermeier hob in Ihrer Laudatio den Visionär und Denker Hodbod hervor, der mit viel Herzblut und großem Einsatz das Kinderdorf zu einem modernen Jugendhilfeverbund entwickelt habe. „Eine beachtliche Lebensleistung, so die Vorständin und weiter: „Sie waren Ihrer Zeit oft voraus, etwa als geistiger Kopf bei der Entwicklung und Implementierung sozialräumlicher Jugendhilfe. Ein Leuchtturmprojekt”, unterstrich Stark-Angermeier. Ein Vorbild für gelungene Elternarbeit sei das von Hodbod gemeinsam mit dem Landesjugendamt erstellte Konzept gewesen, das Eltern, deren Kinder in stationären Einrichtungen leben, mehr in die pädagogische Arbeit einbezieht. Auch das Fundraising und Einwerben von Spenden habe Hodbod professionalisiert und mit dem Förderverein, dem er verbunden bleibt, auf stabile Füße gestellt. „Für seine Schützlinge war Wolfgang Hodbod immer streitbar. Kriegskindern ermöglichte er Ferien und mit der Rabenmoosalm steht Kindern und Jugendlichen aus ganz Deutschland eine naturpädagogische Erlebnisstätte offen” zählte Stark-Angermeier weiter auf, um „ein herzliches Vergelt’s Gott der ganzen Caritas-Familie für Ihre beachtliche Lebensleistung" hinterherzuschicken. Auch eine baldige Nachbesetzung der Kinderdorfleitung stellte die Vorständin in Aussicht, „auch wenn ein Vorbild wie Hodbod schwer zu ersetzen ist”. Für Hodbods demnächst geplante Reisen mit dem Wohnmobil schenkte Stark-Angermeier einige Camping-Utensilien.
Dafür hatte Landrat Olaf von Löwis jüngst schon einen Kanister Sprit spendiert. Er dankte „Mister Kinderdorf” für „sein unglaubliches Wirken” und eine von Vertrauen und Respekt getragene Zusammenarbeit. Maßgeblich habe er die Kinder- und Jugendhilfelandschaft in der Region geprägt - auch und gerade in Zeiten, wo die Belastungen und Ansprüche immer größer wurden: „Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Inobhutnahme, Paradigmenwechsel, Bereitschaftspflege, Corona, um nur einige Themen zu nennen”, zählte von Löwis auf. „Und stets haben Sie alles authentisch und herzlich gemeistert.” Dass Hodbod noch immer mit ehemaligen Schützlingen aus dem Kinderdorf in Kontakt stehe, zeige seine Treue und Liebe zu den Kindern. Ein Hodbod-Satz blieb Landrat von Löwis besonders im Gedächtnis. „In Herausforderungen liegen immer auch Chancen.”
Irschenbergs Bürgermeister Klaus Meixner verglich das „Dorf im Dorf” symbolisch mit einem großen Segelschiff. „Wolfgang Hodbod übernahm das Ruder und setzte die Segel optimal”, so sein Fazit. Für die Gemeinde sei das Kinderdorf ein hochgeschätzter und wertvoller Arbeitgeber, das 2020 zu Recht von einer Ratingfirma als Deutschlands Bester Arbeitgeber ausgezeichnet worden sei. Und für Kinder und Jugendliche sei es eh der beste Platz, denn hier seien alle herzlich willkommen. Davon zeugten auch zahlreiche Veranstaltungen wie Mai-, Sommer- oder Kirchweihfeste, Theateraufführungen, der KiDo-Cup, Sport und Spiel. „Ob minderjährige Flüchtlinge oder Flüchtlinge aus der Ukraine: Im Kinderdorf finden sie, was sie brauchen: eine vorübergehende Heimat und ausgezeichnete Betreuung”, so Meixner.
Der Kurpfälzer Hodbod, der vor 40 Jahren bei der Caritas – damals im Mädchenheim Gauting – einstieg, „weil ihm die Werte gefielen”, fand in Oberbayern mit seiner Frau Beate und den beiden Töchtern Rebecca und Franziska eine neue Heimat und im Kinderdorf ein Zuhause. Ohne seine Familie, die mit ihm im Kinderdorf lebte, wäre sein außergewöhnliches Engagement wohl kaum möglich gewesen, betont er selbst und auch Schwester Henriette von den Kinderdorf-Gründerinnen, den Schwestern der Heiligen Familie. „Es war toll, was mit dir gekommen ist”, sagt sie mit erkennbarer Rührung in der Stimme. Mit Gottvertrauen und Humor, mit Ideenreichtum und Wagemut habe sich Hodbod gegen viele Widerstände durchgesetzt – immer zum Wohl der Kinder. Und Diakon Andreas Maier resümiert: „Sie, Herr Hodbod, waren der Segen fürs Kinderdorf.”
Das Beste schenken die Kolleginnen und Kollegen „ihrer Galionsfigur und ihrem Motivator” zum Schluss: Ein Herz, nicht prunkvoll, eher schlicht, passend zum Beschenkten: Es steht für Hodbods Lebendigkeit, Treue und Ehrlichkeit, dafür, dass er Not sah und begriff und beherzt handelte – kurzum für ein aufrichtiges Leben nah am Nächsten. (beb)
Das Kinderdorf Irschenberg betreut und begleitet ständig ca. 300 Kinder und Jugendliche. Neben der stationären Kinder- und Jugendhilfe mit den Kinderdorffamilien gehören zur Versorgung: eine ambulante Hilfe, die Heilpädagogische Tagesstätte, das Förderzentrum inklusive Schulvorbereitung, betreutes Wohnen und Inobhutnahmen sowie das Naturprojekt Rabenmoosalm. 120 Mitarbeitende - Lehrkräfte, Pädagogen, Hauswirtschaftskräfte sowie Verwaltungs- und technische Angestellte sorgen für da seelische und leibliche Wohl der Schützlinge.