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Kinder lernen | © Daniel Rupp


Tipps und Hilfe zu Zeugnis und Schule

Zeugnisse: Sorgen wegen schlechter Noten?

Viele Eltern blicken mit Sorgen auf die Verteilung der Zeugnisse. Nicht immer sehen die Zeugnisse der Kinder so aus, wie sich die Eltern das erhofft oder gedacht haben. Das Zwischenzeugnis gibt den aktuellen Leistungsstand wieder und ist oft auch Grundlage für Bewerbungen. Es bietet auch die Chance, Leistungen und Noten im nächsten Halbjahr zu verbessern. Sind diese schlecht, gehen Schüler mit einem klammen Gefühl heim: Was werden die Eltern sagen, wenn sie das Zeugnis zu sehen bekommen? Lesen Sie dazu das Interview mit dem Diplompsychologen Bernd Kirchhoff von der Beratungsstelle für Eltern, Kinder, Jugendliche und Familie der Caritas München Süd.

Was genau bietet Ihr Dienst an?
Wir sind eine Beratungsstelle für Eltern, Kinder, Jugendliche und Familie. Wir unterstützen zum Beispiel Fragen zu familiären Problemen, Schwierigkeiten in der Schule, zu Sorgerecht und dem Schutz von Kindern und Jugendlichen.

Wie viele Ihrer Klienten kommen wegen schulischer Probleme?
Von den über 430 Menschen, die wir 2018 beraten haben, waren knapp 40 wegen solcher Schwierigkeiten bei uns. Das ist ein merklicher Rückgang. In der Vergangenheit fielen teilweise etwa 30 Prozent der Beratungen in diesen Bereich. Vermutlich hängt das damit zusammen, dass die innerschulische Sozialarbeit in den letzten Jahren ausgebaut wurde, und vielen Schülern deshalb vor Ort geholfen werden kann.

Haben Sie ein spezielles Angebot bei Sorgen rund ums Zeugnis?
Wir haben an den Zeugnis-Tagen selbst kein spezielles Angebot, weil unserer Auffassung nach praktisch kein Bedarf besteht. Zeugnisse sind ja nichts, was aus heiterem Himmel fällt, sondern eine Zusammenfassung der Zensuren der letzten Zeit. Wenn schulische Schwierigkeiten bestehen, wird das schon vorher deutlich. Unsere Beratung zielt daher darauf ab, gemeinsam mit Eltern und Kindern die Ursachen dieser Probleme aufzuzeigen und längerfristig anzugehen.Wie kann so eine Problem-Beratung aussehen?
Das ist natürlich von Fall zu Fall unterschiedlich. Wir gehen auf jeden Menschen individuell ein. Im Fokus stehen Gespräche mit den Betroffenen und ihrem Umfeld. Aber wir bieten zum Beispiel auch test-psychologische Untersuchungen an, durch die Bereiche wie zum Beispiel Konzentrationsfähigkeit eingeschätzt werden können. Außerdem zeigen wir Schülern und Eltern, wie Lernen richtig funktionieren und Spaß machen kann.

Wie ist die Rückmeldung zu den Angeboten?
Die mündlichen Rückmeldungen, die wir in letzter Zeit bekommen haben, sind weitestgehend positiv. Letztendlich bieten wir ja keine Patentlösungen an, die dann entweder funktionieren oder nicht, sondern zeigen Möglichkeiten auf und begleiten die Menschen auf ihrem Weg.
 

 

Alle Caritas-Beratungsstellen für Eltern, Kinder, Jugendliche und Familien beraten kostenfrei und vertraulich.

Ihre Beratung richtet sich nicht nur an die Schülerinnen und Schüler selbst, sondern auch an deren Eltern. Wie sollten die reagieren, wenn der Nachwuchs schlechte Noten heimbringt?
Grundsätzlich gilt: gelassen bleiben. Bei vielen Eltern setzt beim Anblick schlechter Zensuren erst einmal Sorge, oft sogar eine gewisse Panik ein: Hat sich mein Kind die Zukunft verbaut? Ist mein Kind nicht schlau genug? Habe ich als Erziehungsberechtigter versagt?
Dieser Druck macht die Situation nicht leichter. Oft ist es besser, mit Verständnis zu reagieren und sich klar zu machen: Ein schlechtes Zeugnis und auch Durchfallen bedeutet noch nicht, dass die Zukunft unmittelbar auf dem Spiel steht. Wenn der erste Schock vorbei ist, empfehlen wir, sich gemeinsam hinzusetzen und zu überlegen: Warum sind die Noten schlecht? Würde der Nachwuchs von Förderung profitieren, und wenn ja, von welcher? Besucht mein Kind die richtige Schulform? 
All das sind Fragen, die großen Einfluss auf schulische Leistungen haben. Und all das sind Fragen, bei denen wir gern beratend zur Seite stehen.

Und wie ist es bei guten Noten?
Da darf man sich natürlich mit dem Kind freuen, das ist normal und tut allen Beteiligten gut. Manche Eltern belohnen ihre Kinder zudem für besondere Leistungen, das ist in Ordnung. Es besteht allerdings das Risiko, dass der Nachwuchs den Antrieb zum Lernen nur noch aus den in Aussicht gestellten Prämien zieht und die Eigenmotivation verloren geht. Letztendlich liegt es im Ermessen der Eltern, wie genau sie reagieren. Wir nehmen bei der Beratung keine Wertung vor, sondern zeigen die verschiedenen Möglichkeiten auf und machen Vorschläge.

Es gibt mittlerweile unzählige Lernprogramme und Kurse, die in den Ferien stattfinden. Sind solche Angebote sinnvoll? Die schulfreie Zeit sollte doch der Erholung dienen?
Ob man solche Programme als sinnvoll bezeichnet, hängt wohl von den jeweiligen Menschen ab. In manchen Fällen ist es ein großer Vorteil, sich über einen längeren Zeitraum zusammenhängend mit einer Sache zu beschäftigen, ohne wie in der Schulzeit, mit vielen verschiedenen Themen zugleich arbeiten zu müssen. Vokabeln sind da ein gutes Beispiel: wer diesen in den Ferien zwei Wochen lang täglich eine halbe Stunde widmet, hat eine gute Chance auf einen sehr großen Lernerfolg. 
Allerdings ist es wichtig, einen Ausgleich zu schaffen: kaum ein Kind oder Jugendlicher wird Akzeptanz dafür aufbringen, die schulfreie Zeit für fade Lernprogramme zu opfern. Hier ist von den Eltern oft eine Motivationsleistung gefragt. 
Wenn es gelingt, das Lernen gemeinsam lustig und kurzweilig zu gestalten, profitieren alle Beteiligten davon. Zu solchen Themen bieten wir Beratung an, weil auch Eltern das Lernen manchmal neu lernen müssen.

Förderung ist ein Thema, das immer wieder angeschnitten wurde. Wie würden sie den Satz „Lieber früher als später fördern“ kommentieren?
Absolut! Wenn ein Kind Förderung braucht, dann sollte es diese so früh wie möglich bekommen. Viele Defizite kommen gar nicht erst zum Tragen, wenn Schwierigkeiten rasch erkannt werden und die Betroffenen entsprechende Unterstützung erhalten. 
Eltern müssen auch keine Angst davor haben, Beratungsangebote in Anspruch zu nehmen. Wenn der Bedarf nach Förderung da ist, warum dem nicht nachkommen? Jemandem, der Schwierigkeiten beim Laufen hat, würde man doch auch keine Gehhilfe vorenthalten, oder? Und selbst, wenn man glaubt, dass der eigene Fall sehr leicht wäre im Vergleich zu anderen, wir haben ein offenes Ohr für alle. Kommt heraus, dass das Kind keine Förderung braucht, ist das doch auch eine tolle Botschaft.

Haben Sie zum Abschluss einen Geheimtipp bei Sorgen rund ums Zeugnis?
Einen Geheimtipp? Nö. In meinen Augen ist es wichtig, dass Eltern dauerhaft engagiert und am schulischen Leben ihres Nachwuchses interessiert sind. Je früher Familien über solche Probleme sprechen, desto besser für alle. Und wer schon Bescheid weiß, der fällt auch bei schlechten Zensuren nicht aus allen Wolken. Alle können viel eher cool und gelassen bleiben und zusammen darüber nachdenken, wie und wo man etwas verbessern kann. Letztendlich hängt die Familie ja gemeinsam in der Situation und gemeinsam kann sie die auch am besten lösen. 
Wir unterstützen dabei gern, so gut wir können.

Interview: Daniel Gummert

Alle Caritas-Beratungsstellen für Eltern, Kinder, Jugendliche und Familien beraten kostenfrei und vertraulich. 

5 Tipps für Eltern zu Zeugnis und Schule

Bewahren Sie bei schlechten Noten einen kühlen Kopf.

Druck macht die Situation nicht besser, sondern in vielen Fällen schlimmer. Am Zeugnis-Tag selbst ist es besser, mit Verständnis zu reagieren. Ist ein wenig Zeit vergangen, ist es sinnvoll, gemeinsam mit dem Kind nach den Ursachen der schulischen Probleme zu suchen.

Zeigen Sie als Eltern Interesse an den Gedanken Ihres Nachwuchses und ermutigen Sie Ihr Kind, bei Schwierigkeiten frühzeitig zu Ihnen zu kommen. Viele Probleme können gelöst werden, wenn ein fairer Austausch darüber stattfindet. Und wer schon vorher weiß, wie es um die Noten bestellt ist, fällt am Zeugnis-Tag auch nicht aus allen Wolken.

Ein ehrliches Lob ist nicht nur gut für die Motivation, sondern drückt auch Interesse am schulischen Leben aus.

Wer in einem angenehmen Umfeld und mit Spaß lernt, ist erfolgreicher. Machen Sie sich Gedanken, wo Sie Ihr Kind aktiv unterstützen können, um aus bloßem „Pauken“ eine aktive und kurzweilige Beschäftigung zu machen. Gemeinsames Lernen ist effektiver, und wer weiß – vielleicht entdecken auch Sie Dinge, die Sie noch nicht wussten.

Wenn Sie erkennen, dass es Probleme gibt, dann warten Sie nicht bis zur nächsten Prüfung oder zum Zeugnis. Lassen Sie sich frühzeitig dazu beraten wie Sie ihr Kind am Besten fördern können. Und sollte eine Beratung ergeben, dass gar kein Förderbedarf besteht, dann umso besser.